1. Aller Anfang…

… ist schwer.
Als der Oberlehrer Eugen Wendel das originelle Gedicht („aus Geschichtliches“) in schwäbischer Mundart am zweiten September 1950 seinem Zeitungsartikel zur Einweihung der neuen Volksschule in Leonberg hinzufügte, brachte er damit die ganzen Mühen und Leiden zum Ausdruck, die dem Bau der Schellingschule vorausgegangen waren. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts war eine neue Volksschule für die Stadt Leonberg im Gespräch; im Juli 1940 gab es eine Ausschreibung für Architekten zum Bau eines „Sammelschulgebäudes“ mit Volksschule, Fachschule und Oberschule. Diese Baupläne wurden aber, wohl auch auf Grund der nachfolgenden Kriegsereignisse, nicht in die Tat umgesetzt, sehr zum Leidwesen der Sieger des Architektenwettbewerbs: diese wurden nach dem Krieg, als der Neubau eines Schulgebäudes, wenn auch in kleinerem Maßstab, zwingend wurde, nicht mehr mit der Durchführung des Baus beauftragt!

In der Nachkriegszeit kam es, wie überall in Deutschland, durch den Hereinstrom zahlreicher Heimatvertriebener und den Zuzug von Arbeitskräften in der aufblühenden Region Stuttgart auch in Leonberg zu einer wahren Bevölkerungsexplosion; das bis dato einzige Volksschulgebäude am Ort, die Spitalschule, ein im frühen 19. Jahrhundert errichteter Fachwerkbau, platzte aus allen Nähten, die Klassenstärke betrug nicht selten sechzig bis siebzig Schüler. Oftmals mussten sogar zwei der übervollen Klassenzimmer von einer einzigen Lehrkraft parallel betreut werden! Überdies sollten die Lehrkräfte auch über sportliches Talent verfügen, denn sie mussten, um die Tafel zu erreichen, zuvor ein Stufengestell erklimmen! Der vorhandene Kastanienofen spendete winters nur in unmittelbarer Nähe angenehme Wärme, weiter entfernt sitzende Schüler mussten in der Kälte ausharren! So wandte sich der damalige Rektor der Spitalschule, Christian Pfaff, ein ums andere Mal schriftlich an den Gemeinderat, um diesen von der Notwendigkeit eines neuen Schulgebäudes zu überzeugen. Am vierten Februar 1948 schrieb er, beinahe flehentlich:
„Unser altes Schulhaus mit unseren 8 Klassenzimmern, Zeichensaal, Handarbeitssaal, und Lichtbildzimmer reicht für 320 bis 350 Schüler mit 8 Lehrern und einer Handarbeitslehrerin. Von 1900 bis 1930 hatte somit durchschnittlich jeder Lehrer 40 bis 45 Schüler in einer Klasse. Diese Klassenstärke gilt als Normalzahl. Heute beträgt die Schülerzahl mehr als das doppelte, nämlich 870 Schüler. (…) Nachdem sich unsere Schülerzahl verdreifacht hat, ist es notwendig, dass ein neues Schulhaus mit weiteren 10 Räumen geschaffen wird. Unser altes Schulhaus würde als Knabenschulhaus noch für einige Jahre genügen. Das neue Gebäude würde demnach die Mädchenschule geben. Beide Schulhäuser hätten je 8 Klassenzimmer, und 2 Lokale für Zeichnen, Religion und Handarbeit, bzw. Werkunterricht. Das Lichtbildzimmer wäre für Knaben und Mädchen gemeinsam, ebenso der Turnraum. Bei 16 Lehrern ergibt sich dann eine durchschnittliche Schülerzahl von 60.“

Dieser eindringliche Brief gibt nicht nur Auskunft über das damalige, für die heutige Zeit zahlenmäßig unvorstellbar hohe Verhältnis Schüler – Lehrer, er beschreibt auch die übliche Trennung von Schülern nach Geschlechtern, eine Maßnahme, die heutzutage in manchen pädagogischen Kreisen durchaus wieder diskutiert wird, sowie das zahlenmäßige Missverhältnis von Lehrern und Lehrerinnen, das sich heutzutage leider komplett ins Gegenteil gewandelt hat!

Nach vielen Jahren zähen Verhandelns über Baukosten und Standortfragen wurde der Neubau schließlich genehmigt, und der Schellingschule wurde auf den städtischen Grundstücken im „Distelfeld“ zwischen Lisztstraße Nr. 44 und dem Feldweg Nr. 93 ihr Platz zugewiesen. Man feierte Richtfest am 26. Oktober 1949 und die Schule wurde benannt nach dem berühmten Philosophen.

Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
(
www.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Joseph_Schelling) (1775 – 1854), der in Leonberg im evangelischen Stadtpfarrhaus in der Pfarrstraße 14 geboren wurde und seine ersten beiden Lebensjahre dort verbrachte.
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