Ansichten eines Zehntklässlers zum Betriebspraktikum

 

Ansichten eines Zehntklässlers zum Betriebspraktikum

 

„Also, wir hatten neulich Betriebspraktikum, vom 14. Bis zum 18. Oktober.

Okay, wir hatten den Termin für das Praktikum schon vor den Sommerferien bekommen, um genug Zeit zu haben, einen coolen Betrieb zu finden, aber ich war mit meinen Eltern während der gesamten Ferien in Spanien, was sollte ich also tun?

Ich hab´ also Bewerbungen geschrieben, zwei Wochen vor Praktikumsbeginn, mindestens fünf, voll der Stress…

Die Bewerbungen haben meine Eltern kontrolliert und mein Klassenlehrer, der hat dann einen Aufstand gemacht wegen drei kleinen Fehlern!

Drei!

Es gab erst mal lauter Absagen, ich hatte gedacht, die Betriebe suchten Praktikanten und es gäbe immer weniger Jugendliche in Deutschland und so.

Aber trotzdem lauter Absagen, Mist!

Wahrscheinlich haben uns die Lehrer falsch beigebracht, wie man Bewerbungen schreibt!

Mein Klassenlehrer hatte damit gedroht, wer nix findet, muss öffentliche Spielplätze kontrollieren und städtische Bepflanzungen pflegen, zu hart…

Schließlich bin ich selbst zu einem Betrieb hingegangen, die machen Smoothies und lauter frische Sachen und so, die Alten sagen Fruchtsäfte dazu, da hab´ ich gefragt, ob die mich eine Woche nehmen würden, und auf einmal ging´s!

Den anderen ist es ähnlich ergangen, okay, ein paar Streber hatten sich tatsächlich in den Sommerferien um die Praktikumsstelle gekümmert, zwei waren bei örtlichen Banken, eine bei einem Anwalt in Stuttgart, wieder eine im Hotel und nochmal drei hatten über Beziehungen ihrer Eltern was bekommen.

P1000975_bearbeitet-1
Okay.

Also am Montag ging´s dann los, ich kam in den Laden und musste erst mal den Boden schrubben und die Fruchtpressen startklar machen…

Jeden Wochentag kommt da übrigens eine Lieferung mit frischem Obst, nur die kleineren Sachen sind tiefgefroren, Erdbeeren und so, die Orangen und Äpfel muss man im Laden so drapieren, dass sie jeder sieht und bemerkt, wie frisch die sind!

Ein Mitschüler von mir war bei einer Firma für Modellbau, aber nicht Spielzeug, sondern die machen Teile für Autos, er durfte zum Beispiel Rahmenteile für das Schiebedach der G-Klasse von Mercedes sortieren… eine andere Mitschülerin, die beim Anwalt, durfte Akten sortieren und ablegen und Rechnungen bzw. Mahnungen schreiben… nicht schlecht!
P1000986_bearbeitet-1


Viel durfte ich in der Woche natürlich nicht machen, hauptsächlich Reinigungsarbeiten und ab und zu mal jemandem zur Hand gehen, das war schon gechillt…

Eine Mitschülerin war bei der Caritas, das ist eine soziale Einrichtung, die bedürftigen Menschen mit kostenloser Kleidung, Spielsachen usw. aushilft  – meine Mitschülerin meinte, die haben da sogar  einen Stromspar- Check, wo dann Mitarbeiter nach Hause kommen und Tipps geben, wie man Energie und damit Kohle einsparen kann!

P1000968_bearbeitet-1

P1000982_bearbeitet-1

Cool!

Und mein Kumpel will Toningenieur werden, der hockte die ganze Woche in einem Tonstudio und machte Experimente mit diverser akustischer Software, die Töne verzerren, Stimmen verfremden usw. kann, kostet  ´nen Haufen Geld das Equipment, es gibt sogar Leuchtstifte, mit denen man in der Luft „malen“ kann, voll der Hammer!

Hab´ ich schon gesagt, dass ich viel putzen musste?

Zwei Mädchen von uns waren im medizinischen Bereich tätig, eine beim Zahnarzt , die andere in der Apotheke… da konnten sie natürlich nicht viel machen außer Zuschauen oder Medikamente nach dem Haltbarkeitsdatum sortieren, die Leute da waren aber anscheinend alle sehr nett…
P1000956_bearbeitet-1

Das Coole in meinem Laden war, dass ein Kunde sich seinen eigenen Fruchtcocktail zusammen mixen lassen kann, er sagt einfach, was da rein soll und los geht´s – ob das dann schmeckt, ist eine ganz andere Frage –

Und natürlich gab´s auch wieder Jungs, die im Kfz- Bereich tätig waren, Mechatroniker heißt das ja heute wegen dem ganzen Elektro- Zeugs. Einer durfte sogar Traktoren reparieren und hinterher Probefahren, cool! Die sind vielleicht mal alle dreckig geworden, mussten hauptsächlich Räder wechseln, von Sommer auf Winter und so, logisch! Gechillt ist anders, hat denen aber Spaß gemacht!

P1000962_bearbeitet-1

Die Saftpressen zu putzen ist echt hart, da verfangen sich immer die Schale und das Fruchtfleisch und die ganze Soße! Ich hab´ aber was Tolles gelernt, nämlich, dass man Orangensaft immer vor Lichteinfluss schützen muss, sonst gehen die Vitamine weg…

Aber die Woche ging dann doch schneller zu Ende, als ich dachte…

Ich muss der Vollständigkeit halber noch erwähnen, dass es  Mitschülerinnen und Mitschüler gab, die wie ich im Einzelhandel, aber auch als Koch, Versicherungskauffrau, Bürokauffrau, Kindergärtner und noch in weiteren Berufen tätig waren.

Mein Klassenlehrer hat mich nach der Vorstellung des Berufes gefragt, die wir alle machen mussten, ob ich mir vorstellen könnte, den Beruf später zu erlernen!

Woher soll ich das wissen?

Ich bin 16, und da soll ich mich schon für einen Beruf entscheiden? Die Alten haben doch keinen Plan, was es heutzutage heißt, ein Jugendlicher zu sein…

Wahrscheinlich werd´ ich die Schule weitermachen, Richtung Fachhochschulreife oder Abitur… ist am gechilltesten!

Obwohl – ein bisschen dreckig werden und Kohle verdienen ist auch nicht so schlimm!

Am Schluss wird eh irgendwas passieren, was mir die Entscheidung leichter macht, irgendwie geht´s immer weiter…

Cool!“ 

 

Ein Zehntklässler